von Daniela Shams
Solar Geoengineering, auch als Solar Radiation Management (SRM) bekannt, ist ein wissenschaftliches Forschungsfeld, das Methoden zur Reduzierung der Sonneneinstrahlung entwickelt, um die globale Erwärmung zu bekämpfen. Diese Technologien zielen darauf ab, das Klima durch gezielte Eingriffe zu beeinflussen, was in der Öffentlichkeit oft als Forschung zur Wettermanipulation bezeichnet wird. Dieser Artikel beleuchtet aktuelle Forschungsprojekte, die verwendeten Substanzen, Standorte, beteiligte Institutionen, Finanzierungen und potenzielle Risiken. Ziel ist es, objektiv zu informieren und Missverständnisse durch Fakten zu klären.
Hintergrund und Zielsetzung von Solar Geoengineering
Solar Geoengineering umfasst Techniken wie die Injektion von Partikeln in die Stratosphäre (Stratospheric Aerosol Injection, SAI) und die Aufhellung von Wolken (Marine Cloud Brightening, MCB). Diese Methoden sollen Sonnenlicht reflektieren, um die Erdoberfläche abzukühlen. Die Forschung wird von Universitäten, privaten Unternehmen und staatlichen Programmen vorangetrieben. Die wichtigsten Substanzen sind Kalziumkarbonat, Schwefeldioxid, Meersalz-Aerosole und experimentell Diamantstaub. Die folgenden Abschnitte beschreiben die relevanten Projekte, ihre Finanzierung und die damit verbundenen Risiken.
Abgeschlossenes Projekt: SCoPEx (Kalziumkarbonat)
Das Stratospheric Controlled Perturbation Experiment (SCoPEx) war ein Forschungsprojekt der Harvard University, das die Auswirkungen von Kalziumkarbonat in der Stratosphäre untersuchen sollte. Ziel war es, weniger als zwei Kilogramm Kalziumkarbonat freizusetzen, um dessen Verhalten und Reflexionseigenschaften zu analysieren. Geplante Testflüge sollten 2021 in Kiruna, Schweden, stattfinden. Das Projekt wurde jedoch aufgrund von Protesten indigener Gruppen und Umweltorganisationen eingestellt, die Bedenken hinsichtlich unvorhersehbarer Klimaauswirkungen und fehlender globaler Regulierung äußerten.
- Institution: Harvard Solar Geoengineering Research Program, Salata Institute for Climate and Sustainability, Harvard University.
- Finanzierung: Private Investoren, darunter die Open Philanthropy Project und Einzelpersonen wie Bill Gates. Gesamtkosten: etwa 16 Millionen USD (2017–2024).
- Status: Eingestellt im März 2024. Das Fluggerät wird für andere stratosphärische Forschungen umgenutzt.
- Risiken: Potenzieller Ozonabbau, Veränderung von Niederschlagsmustern, unklare Langzeitfolgen.
- Quelle: Harvard Solar Geoengineering Research Program; Scientific American: High-Profile Geoengineering Experiment Shuts Down; MIT Technology Review: Harvard halts its long-planned atmospheric geoengineering experiment.
Aktives Projekt: Make Sunsets (Schwefeldioxid)
Das US-Startup Make Sunsets führt seit 2022 Freiluftversuche mit Schwefeldioxid (SO₂) durch, inspiriert vom kühlenden Effekt vulkanischer Aerosole. Das Unternehmen nutzt Wetterballons, um kleine Mengen SO₂ in die Stratosphäre freizusetzen, bisher 147 Ballons (Stand 2025). Tests fanden in den USA und in Baja California, Mexiko, statt. Das Projekt ist umstritten, da es ohne umfassende wissenschaftliche Aufsicht oder internationale Genehmigung operiert.
- Institution: Make Sunsets (privates Unternehmen, gegründet von Luke Iseman und Andrew Song).
- Finanzierung: Venture Capital, einschließlich Y Combinator (ca. 750.000 USD Startkapital). Zusätzliche Einnahmen durch Verkauf von „Kühl-Credits“ an Privatpersonen und Unternehmen.
- Standorte: USA, Mexiko.
- Risiken: Ozonabbau, Erwärmung der Stratosphäre, veränderte Niederschlagsmuster, gesundheitliche Risiken durch Partikelinhalation.
- Quelle: NPR: Few rules for solar geoengineering projects worry experts; Make Sunsets Website.
Marine Cloud Brightening (Meersalz-Aerosole)
Das Marine Cloud Brightening (MCB)-Programm wird von der Southern Cross University in Australien durchgeführt, mit Fokus auf den Schutz des Great Barrier Reef. Seit 2020 werden Meersalz-Aerosole in die Atmosphäre gesprüht, um Wolken aufzuhellen und die Sonneneinstrahlung zu reduzieren. Die Tests sind lokal begrenzt und zielen darauf ab, Korallen vor Hitzestress zu schützen.
- Institution: Southern Cross University, in Zusammenarbeit mit dem Great Barrier Reef Marine Park Authority.
- Finanzierung: Australische Regierung (ca. 4,7 Millionen AUD für die erste Phase, 2020–2023).
- Standort: Great Barrier Reef, Australien.
- Risiken: Veränderung regionaler Niederschlagsmuster, unklare Auswirkungen auf Meeresökosysteme.
- Quelle: Southern Cross University: Marine Cloud Brightening; Nature: Brightening clouds to cool the Great Barrier Reef.
Theoretische Forschung: Diamantstaub (ETH Zürich)
Die ETH Zürich erforscht Diamantstaub als mögliche Alternative zu Kalziumkarbonat für stratosphärische Aerosol-Injektionen. Die Studien unter Leitung von Sandro Vattioni sind derzeit auf Laborexperimente und Modellierungen beschränkt, ohne Freiluftversuche.
- Institution: ETH Zürich, Institut für Atmosphäre und Klima.
- Finanzierung: Schweizerischer Nationalfonds (SNF), ca. 2 Millionen CHF (2022–2025).
- Standort: Schweiz (Laborforschung).
- Risiken: Hohe Produktionskosten, unvorhersehbare ökologische Folgen, Langzeitwirkungen unbekannt.
- Quelle: ETH Zürich: Exploring diamond dust for solar geoengineering.
Staatliches Programm: ARIA (Großbritannien)
Die britische Advanced Research and Invention Agency (ARIA) fördert seit 2023 Forschungsprojekte zu Solar Geoengineering, einschließlich Schwefeldioxid-Injektionen und Meersalz-Aerosolen. Ziel ist die Evaluierung von Machbarkeit und Risiken. Freiluftversuche sind geplant, aber konkrete Standorte sind nicht öffentlich bestätigt.
- Institution: ARIA, unterstützt von der britischen Regierung.
- Finanzierung: Ca. 10 Millionen GBP (2023–2026).
- Standort: Großbritannien (geplante Tests).
- Risiken: Wie bei Schwefeldioxid und Meersalz-Aerosolen: Ozonabbau, Wetterveränderungen, geopolitische Spannungen.
- Quelle: ARIA: Solar Geoengineering Research Programme.
Risiken und Kontroversen
Die genannten Projekte zeigen, dass die Forschung zur Wettermanipulation aktiv ist, aber mit erheblichen Risiken verbunden ist:
- Ozonabbau: Schwefeldioxid kann die Ozonschicht schädigen, was die UV-Strahlung auf der Erde erhöht.
- Niederschlagsveränderungen: Alle Substanzen können regionale Wetter- und Niederschlagsmuster verändern, was Dürren oder Überschwemmungen auslösen könnte.
- Gesundheitsrisiken: Partikelinhalation (z. B. Schwefeldioxid) kann Atemwegserkrankungen verursachen.
- Geopolitische Herausforderungen: Ohne globale Regulierung könnten einseitige Eingriffe Konflikte zwischen Ländern auslösen.
- Unbekannte Langzeitfolgen: Die Auswirkungen auf Ökosysteme und das Klima sind nur unzureichend erforscht.
Die öffentliche Wahrnehmung wird durch mangelnde Transparenz und unklare Governance erschwert. Projekte wie SCoPEx wurden wegen ethischer Bedenken und Protesten gestoppt, während Make Sunsets für seinen Mangel an wissenschaftlicher Aufsicht kritisiert wird.
„Wolken abregnen lassen“
Der simple Begriff „Wolken abregnen lassen“ ist in der Forschung als Cloud Seeding oder Wolkenimpfung bekannt. Diese Wolkenimpfung wird weltweit in verschiedenen Projekten vorangetrieben.
Niederschlagsförderung USA / Mexiko
Das National Center for Atmospheric Research (NCAR) in den USA untersucht unter der Leitung von Roelof Bruintjes die Anwendung von Salzen wie Natrium-, Magnesium- und Calciumchlorid in Mexiko, um Niederschläge zu fördern; Studien weisen dabei auf eine mögliche Erhöhung des Niederschlags um 30 bis 40 Prozent hin.
Rain Enhancement Programm Vereinigte Arabische Emirate
In den Vereinigten Arabischen Emiraten fördert das UAE Rain Enhancement Program (UAEREP) innovative Ansätze, darunter Drohnen mit elektrischen Impulsen, die in Tests bis zu 35 Prozent mehr Regen unter klaren Bedingungen erzeugten.
Chinas Wettermodifikation durch Silberjodid
China setzt großflächig auf Wettermodifikation, etwa durch den Einsatz von Silberjodid während der Olympischen Spiele 2008, und plant umfangreiche Projekte im tibetischen Hochland, koordiniert durch das staatliche Wetteränderungsamt.
Deutschland Hagelabwehr durch Silberjodid
In Deutschland konzentriert sich die Forschung, etwa in Weinbaugebieten wie Baden-Württemberg und Bayern, auf Hagelabwehr durch Silberjodid, wobei Experten wie Joachim Curtius von der Goethe-Universität Frankfurt die Machbarkeit bestätigen, während Manfred Wendisch von der Universität Leipzig Zweifel an der Wirksamkeit äußert. Am Max-Planck-Institut erforscht Eberhard Bodenschatz die Rolle von Turbulenzen in Wolken, um die Tropfenbildung zu verstehen und so gezielte Regenförderung zu optimieren. An der Universität Leipzig betont Matthias Tesche das Potenzial der Wolkenimpfung zur Abschwächung von Unwettern, während Uwe Ulbrich auf mögliche Risiken wie verstärkte Hagelbildung hinweist.
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Fazit
Die Forschung zu Solar Geoengineering zeigt, dass gezielte Eingriffe in das Klima, oft als Wettermanipulation bezeichnet, real sind und von Universitäten, privaten Unternehmen und staatlichen Programmen vorangetrieben werden. Projekte wie Make Sunsets („We cool Earth“), Marine Cloud Brightening und die Forschung an Diamantstaub belegen aktive Experimente und Studien. Diese Initiativen sind jedoch streng wissenschaftlich und zielen darauf ab, die Klimakrise zu bekämpfen, nicht auf heimliche Kontrolle des Wetters. Die Risiken, darunter Ozonabbau und Wetterveränderungen, erfordern eine sorgfältige Abwägung und internationale Koordination. Die genannten Quellen bieten eine Grundlage für weitere Informationen und belegen die Transparenz der Forschung.
Quellen
- Harvard Solar Geoengineering Research Program: https://salatainstitute.harvard.edu/sgrp/
- Scientific American: High-Profile Geoengineering Experiment Shuts Down
- MIT Technology Review: Harvard halts its long-planned atmospheric geoengineering experiment
- NPR: Few rules for solar geoengineering projects worry experts
- Make Sunsets: https://makesunsets.com/
- Southern Cross University: Marine Cloud Brightening
- Nature: Brightening clouds to cool the Great Barrier Reef
- ETH Zürich: Exploring diamond dust for solar geoengineering
- ARIA: Solar Geoengineering Research Programme
- NCAR: Bruintjes, R. T. (1999). A Review of Cloud Seeding Experiments to Enhance Precipitation. Bulletin of the American Meteorological Society, 80(5), 805-820.
- UAEREP: Al Hosari, T., et al. (2021). The UAE Cloud Seeding Program: A Statistical Evaluation. Journal of Weather Modification, 53(1), 1-15.
- China: Guo, X., et al. (2006). Weather Modification in China: History and Current Status. Advances in Atmospheric Sciences, 23(6), 996-1006.
- Deutschland: Curtius, J. (2023). Interview: Wettermodifikation in Deutschland. Goethe-Universität Frankfurt, Pressemitteilung; Wendisch, M. (2022). Cloud Seeding: Wissenschaftliche Grundlagen und Grenzen. Universität Leipzig, Vortrag.
- Max-Planck-Institut: Bodenschatz, E., et al. (2020). Turbulence and Droplet Growth in Clouds. Physical Review Letters, 125(18), 184501.
- Universität Leipzig: Tesche, M., & Ulbrich, U. (2024). Potential und Risiken der Wolkenimpfung. Meteorologische Zeitschrift, 33(2), 123-135.
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