Direktor Hans-Peter Wipplinger präsentiert das Jahresprogramm
Wien (OTS) – Mit einem vielseitigen Programm – zehn Ausstellungen und ein weiteres Gastspiel des ImPulsTanz – International Dance-Festival – startet das Leopold Museum in das bereits 20. Jahr seines Bestehens. Das Jubiläum bietet Anlass zum Rückblick auf äußerst erfolgreiche Jahre, aber auch auf die aufgrund der Corona-Krise hürdenreichsten Monate seit der Eröffnung des Museums am 20.09.2001.
Trotz aller Hindernisse mussten 2020 nur zwei Ausstellungen auf heuer verschoben und eine Präsentation abgesagt werden. Der intendierten Programmatik folgend wird auch 2021 wiederum der Bogen zwischen der österreichischen und internationalen Moderne und Gegenwart gespannt.
Ab der für 10. Februar vorgesehenen Öffnung nach dem aktuellen Lockdown zeigt das Leopold Museum wieder die mehr als 1.300 Objekte umfassende Dauerpräsentation Wien 1900. Aufbruch in die Moderne, wobei Grafiken, Fotografien und Archivalien regelmäßig getauscht werden und für reichlich Abwechslung innerhalb der Wien 1900-Ausstellung sorgen.
Immer wieder wird die Dauerpräsentation auch durch Neuerwerbungen und (Dauer-)Leihgaben ergänzt. Ein neues Highlight stellt das Klimt-Gemälde „Altar des Dionysos“ dar. Dieses konnte gegen Ende des vergangen Jahres mit Hilfe einer großzügigen Schenkung für das Museum erworben werden.
Leopold Museum: Neustart von Ausstellungen
Zwei Ausstellungen, deren Start von Sommer 2019 auf den Spätherbst verschoben werden mussten und die bisher lediglich wenige Tage im Dezember 2020 zu sehen waren – Emil Pirchan. Visuelle Revolution und Inspiration Beethoven. Eine Symphonie in Bildern aus Wien 1900 zum 250. Geburtstag des Komponisten – werden bis 6. Juni verlängert. Noch bis 7. März ist die Ausstellung der Nominierten zum Ö1 Talentestipendium zu sehen.
Gleich zu Beginn des Neustarts, voraussichtlich am 10. Februar, präsentiert Leopold Museum-Direktor Hans-Peter Wipplinger die erste neue Ausstellung 2021, die an die letzten Kapitel der Wien 1900-Präsentation anknüpft und die österreichische Moderne zwischen 1918 und 1938 in den Mittelpunkt stellt. Menschheitsdämmerung. Zwischen lyrischer Empfindsamkeit und sachlicher Weltauffassung präsentiert ausgewählte Werke von elf Protagonisten der Malerei der Zwischenkriegszeit, von Egger-Lienz über Faistauer und Kolig bis zu Boeckl und Wacker.
The Body Electric widmet sich ab 16. April den kaum bekannten Patientendarstellungen von Erwin Dominik Osen und seinem Künstlerfreund Egon Schiele. Eine umfassende Schau würdigt ab 30. April den bedeutenden Bildhauer Josef Pillhofer anlässlich seines 100. Geburtstages und setzt sein Schaffen in einen Dialog mit KünstlerInnen der internationalen Moderne wie Rodin, Maillol, Lehmbruck, Giacometti oder Wotruba.
Der Sommer bringt die bereits für 2019 geplante Fortsetzung der langjährigen Kooperation mit dem ImPulsTanz – Vienna International Dance Festival, in dessen Rahmen Intendant Karl Regensburger u.a. Performances und Ausstellungen der südkoreanischen bildenden Künstlerin und Performerin Geumhyung Jeong, der britisch-amerikanischen Tänzerin und Performerin Ruth Childs und der in Berlin lebenden Choreographin Emmilou Rößling im Leopold Museum präsentieren wird.
Im Herbst ermöglicht die Schau Die Sammlung Schedlmayer ab 10. September die Entdeckung einer hochkarätigen, in großen Teilen unbekannten Sammlung zur Kunst der Moderne, die sowohl Objekte des Kunstgewerbes (Prutscher, Moser, Hoffmann) als auch Gemälde des deutschen Expressionismus und der österreichischen Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorstellt. Ab 24.09. widmet sich eine Ausstellung der Foto-Leidenschaft des Philosophen Ludwig Wittgenstein und setzt dessen Fotografien in Dialog mit der fotografischen Praxis und Theorie zeitgenössischer KünstlerInnen wie Baldessari, Boltanski, Darboven, Polke, Ruff, Sherman, Sieverding oder Warhol.
Den Abschluss des Ausstellungsprogramms 2021 bildet schließlich ab 19. November die Präsentation Kubin auf der Couch, die sich auf die analytische Spur von Geheimnissen und Traumata der gequälten Seele des großen Zeichners und Verfassers des Romans Die andere Seite, Alfred Kubin, begibt. Die Ausstellung unternimmt, so Hans-Peter Wipplinger, den erstmaligen Versuch, die Kunst der Kubin‘schen Traumwelten, die oft in alpdrückend-düstere Sphären vordringt, auch in ihrem Bezug zum Unbewussten, zu den Tiefendimensionen des Psychischen zu erfassen. August Ruhs, Psychiater und Psychoanalytiker, interpretiert Werke des Künstlers Alfred Kubin, die Direktor Hans-Peter Wipplinger aus dem umfangreichen Bestand der Sammlung Leopold ausgewählt hat.
Das Ausstellungsprogramm 2021 im Detail
Wien 1900. Aufbruch in die Moderne
Seit 16.03.2019
Kurator: Hans-Peter Wipplinger
Auch 2021 gewährt die Dauerpräsentation Einblick in Vielfalt künstlerischer wie geistiger Errungenschaften dieser Epoche mit ihren kulturellen, sozialen, politischen und wissenschaftlichen Implikationen. Basierend auf den von Rudolf Leopold gesammelten Beständen und ergänzt um zahlreiche Leihgaben, vermittelt die Präsentation das Fluidum der einstigen Weltkulturhauptstadt und beleuchtet die von Gegensätzen geprägte Aufbruchsatmosphäre um 1900.
Über drei Etagen hinweg sind auf mehr als 3.000 m2 rund 1.300 Exponate zu sehen. Die Präsentation spannt einen Bogen von ca. 1870 bis 1930 und zeichnet sich durch mediale Vielfalt aus, die von Malerei, Grafik, Skulptur und Fotografie über Archivalien, Glas, Keramik, Metall, Textilien, Leder und Schmuck bis hin zu Möbelstücken und Wohnungseinrichtungen reicht. Seit Ende 2020 ist das Gemälde Altar des Dionysos von Gustav Klimt zu sehen, welches das Museum als Schenkung aus privater Hand erhalten hat. Aus konservatorischen Gründen werden Fotografien, grafische Arbeiten und Archivalien regelmäßig ausgetauscht, wodurch neue Blickwinkel entstehen.
Ö1 Talentestipendium. Ausstellung der Nominierten
29.10.2020–07.03.2021
KuratorInnen: Philippe Batka, Verena Gamper, Hans-Peter Wipplinger
Das Ö1 Talentestipendium wird mit Unterstützung des Wiener Städtischen Versicherungsvereins jährlich an eine/n NachwuchskünstlerIn vergeben. Die erstmals im Leopold Museum präsentierte Ausstellung von Arbeiten der vier Nominierten bietet ein thematisch wie medial vielgestaltiges Bild, das beispielhaft für den Reichtum und die Diversität der aktuellen Kunstproduktion an österreichischen Kunstuniversitäten steht.
2020 ging das Talentestipendium in der Höhe von 10.000 Euro nach einstimmigem Jurybeschluss an Simon Lehner, der an der Wiener Universität für angewandte Kunst studiert hat. Das Ö1 Publikumsvoting konnte Sara Lanner, Studierende an der Akademie der bildenden Künste Wien, für sich entscheiden. Neben den Arbeiten der beiden Kunstschaffenden werden Werke von Camille Holowaks und Juliana Lindenhofer gezeigt.
Emil Pirchan. Visuelle Revolution
8.12.2020–06.06.2021
Kurator: Ivan Ristić
Die erste Retrospektive zum Werk des Künstlers in Österreich gibt anhand von mehr als 200 Objekten Einblick in das Schaffen von Emil Pirchan, der als Gebrauchsgrafiker und Pionier des expressionistischen Bühnenbildes Bekanntheit erlangte und in München, Berlin, Prag und Wien als Werbegrafiker, Designer, Bühnenbildner, Hochschullehrer, Architekt, Autor und Buchillustrator wirkte. Vom Bayerischen Staatstheater in München berief ihn der Regisseur und Theaterintendant Leopold Jessner an das Staatliche Schauspielhaus in Berlin.
„Ich bin dem Theater verfallen mit Pinsel und Feder, mit Herz, Hirn und Hand“, schrieb Pirchan und bezeichnete sich als „Organist an der aufrauschenden Orgel der Bühnenfarben, des Bühnenlichtes, des Raumgestaltens“. Pirchan-Enkel Beat Steffan arbeitete den Nachlass auf und schuf die Basis für Ausstellungen im Museum Folkwang in Essen und im Leopold Museum.
Inspiration Beethoven. Eine Symphonie in Bildern aus Wien 1900
08.12.2020–06.06.2021
Kuratoren: Dominik Papst, Werner Telesko
Anlässlich des 250. Geburtstages von Ludwig van Beethoven Ende 2020 ist noch bis 6. Juni eine Fokus-Ausstellung im Rahmen von Wien 1900 zu sehen. Im Zentrum steht das Bildprogramm Josef Maria Auchentallers für das Musikzimmer der Villa des Wiener Schmuckfabrikanten Georg Adam Scheid. Es umfasst fünf Gemälde von beinahe zweieinhalb Metern Höhe und rund neun Metern Gesamtlänge, zu denen Auchentaller 1898/99 von Beethovens VI. Symphonie, der Pastorale, inspiriert wurde. Die erste Rekonstruktion des Musikzimmers in Österreich ermöglicht ein räumliches Erleben dieses einzigartigen Gesamtkunstwerkes – im Dialog mit Arbeiten von Künstlern der Wiener Secession wie Klimt, Roller oder Hoffmann. Die Präsentation zeigt, wie Beethoven in der bildenden Kunst um 1900 zur Inspirationsquelle und zum vielgestaltigen Bezugspunkt einer um Erneuerung und Anerkennung ringenden Wiener Moderne wurde.
Menschheitsdämmerung. Zwischen lyrischer Empfindsamkeit und sachlicher Weltauffassung
10.02.2020–05.04.2021
Kurator: Hans-Peter Wipplinger
Die Ausstellung rückt rund 100 zwischen 1918 und 1938 entstandene Werke von elf bedeutenden Vertretern der österreichischen Moderne in den Mittelpunkt: Herbert Boeckl, Hans Böhler, Josef Dobrowsky, Albin Egger-Lienz, Anton Faistauer, Gerhart Frankl, Anton Kolig, Sergius Pauser, Rudolf Wacker, Alfons Walde und Alfred Wickenburg. Traumatische Ereignisse des Ersten Weltkrieges, das Ende der Monarchie, Entstehung und Untergang der Ersten Republik beeinflussten die Künstler, deren Stilpluralismus von einem expressiven Kolorismus – mit einer Palette von intensiv leuchtenden oder dunkeltonig-erdigen Farben – bis zu einer nüchternen, kühlen Darstellungsweise reichte.
Von eskapistischen Tendenzen zeugen Stillleben und märchenhaft anmutende Landschaften, soziale Nöte und Lebensskepsis spiegelten sich in melancholischen Sujets. Der scharfkantige, lineare Stil der Neuen Sachlichkeit erfasste die neue Wirklichkeit mittels erstarrter Formen und koloristischer Zurückhaltung.
The Body Electric. Erwin Osen – Egon Schiele
16.04.2021–26.09.2021
Kuratorinnen: Gemma Blackshaw, Verena Gamper
Der Präsentation liegen kürzlich in England entdeckte, vom Museum erworbene Patientendarstellungen von Erwin Osen – Weggefährte sowie Modell Egon Schieles und Mitunterzeichner des Neukunstmanifestes – zugrunde. Die Blätter bereichern unser Verständnis der Wiener Moderne und ihrer Kunstpraxis, die mit der Kultur der klinischen Medizin als patientenbezogene Praxis der Heilkunde eng verwoben war.
Osens 1913 im Auftrag des Allgemeinmediziners Adolf Kronfeld in der Psychiatrischen Klinik Am Steinhof entstandene Patientenporträts sowie seine 1915 im II. Garnisonsspital unter Stefan Jellinek angefertigten Porträts stehen Zeichnungen von Schwangeren und Neugeborenen gegenüber, die Egon Schiele 1910 in Kooperation mit dem Gynäkologen Erwin von Graff in der II. Frauenklinik geschaffen hatte. Die Ausstellung behandelt Fragen zum Entstehungshintergrund der Bilder im Kontext einer „klinischen Moderne“, zu Blickregime und zu Objektifizierung.
Josef Pillhofer. Im Dialog mit Künstlern der Moderne
30.04.2021–29.08.2021
Kurator: Hans-Peter Wipplinger
Josef Pillhofer, einen der bedeutendsten Bildhauer und Zeichner der österreichischen Moderne, würdigt diese Ausstellung anlässlich seines 100. Geburtstages. Nach dem Studium bei Wotruba an der Wiener Akademie übersiedelte Pillhofer nach Paris, studierte an der Académie de la Grande Chaumière bei Zadkine und arbeitete in dessen Atelier. Er befasste sich mit der kubistischen Plastik von Zadkine, Lipchitz, Archipenko und Laurens, begegnete Richier, Brâncuși und Giacometti.
Für Pillhofer „stand und steht die menschliche Sinnbezogenheit mit der natürlichen Erscheinung im Medium der Skulptur nicht im Widerspruch zu einem glaubhaften zeitgenössischen Anliegen […] in offener Wahrnehmung und mit den Erfahrungen der Moderne.“ In seinem bildhauerischen Schaffen ging es ihm um formale Klarheit, die imstande sein sollte, einfache Strukturen aus komplexen Phänomenen durch die Fragmentierung der sichtbaren Wirklichkeit mit äußerster Sensibilität zu vermitteln.
Die Sammlung Schedlmayer. Eine Entdeckung
10.09.2021–16.01.2022
Kurator: Ivan Ristić
Im Herbst präsentiert das Leopold Museum erstmals die der breiteren Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Sammlung Fritz und Hermi Schedlmayer. Seit 1989, als Hermi (1941-2018) und Fritz Schedlmayer (1939-2013) die im Jahr 1912 vom Architekten und Designer Otto Prutscher umgebaute und eingerichtete Villa Rothberger in Baden bei Wien erwarben, trug das Sammlerpaar eine hochkarätige Kollektion an kunstgewerblichen Gegenständen und bildender Kunst aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zusammen.
Objekte und Entwürfe von Otto Prutschers, Koloman Moser, Adolf Loos oder Josef Hoffmann fanden ebenso Eingang in die Sammlung wie herausragende Gemälde von VertreterInnen der österreichischen Moderne und des deutschen Expressionismus, wie Broncia Koller-Pinell, Jean Egger, Franz Wiegele, Anton Faistauer, Karl Hofer, Max Pechstein, Christian Rohlfs oder Ernst Ludwig Kirchner.
Ludwig Wittgenstein. Fotografie als analytische Praxis
24.09.2021–23.01.2022
KuratorInnen: Verena Gamper, Gregor Schmoll
In dieser Ausstellung, die auf die Leidenschaft des Philosophen Ludwig Wittgenstein für die Fotografie fokussiert, steht erstmals sein Wirken als Autor, Sammler und Arrangeur von Fotografien im Mittelpunkt. Gezeigt wird das unveröffentlichte Fotoalbum der 1930er-Jahre, ein Kompositporträt aus Aufnahmen der Schwestern Wittgensteins und jener des Philosophen, inszenierte Selbstporträts, Aufnahmen des Haus Wittgenstein, Auszüge der Nonsense Collection und die Ansichtskartenkorrespondenz Wittgensteins.
Seine Arbeiten werden mit der fotografischen Praxis und Theorie zeitgenössischer KünstlerInnen wie Baldessari, Bechtold, Boltanski, Darboven, Förg, Goldin, Jürgenssen, Lombardi, Maurer, Polke, Ruff, Sherman, Sieverding, Spiluttini, Warhol, Weibel, Zobernig u. a. in Dialog gesetzt. Die auch experimentelle Auseinandersetzung der Familie Wittgenstein mit dem Medium Fotografie wird in Form einer historisch-biografischen Rückblende vorgestellt und es wird dazu eingeladen, Wittgensteins Verständnis des Mediums für eine zeitgenössische Re-Vision fruchtbar zu machen.
Kubin auf der Couch. Bekenntnisse einer gequälten Seele
19.11.2021–13.02.2022
Kuratoren: August Ruhs, Hans-Peter Wipplinger
Die unvergleichliche Kunst des Zeichners, Illustrators und Romanautors Alfred Kubin konfrontiert uns mit pessimistischen Visionen. Sein geheimnisvoll-fantastisches Werk mit erzählerisch orientierten Arbeiten steht im Fokus der Präsentation im Leopold Museum: Diese unternimmt den erstmaligen Versuch, die Kunst der Kubin‘schen Traumwelten in ihrem Bezug zum Unbewussten, zu den Tiefendimensionen des Psychischen zu erfassen.
Der Psychoanalytiker und Psychiater August Ruhs orientiert sich bei diesem Interpretationsvorhaben an Werken, die Hans-Peter Wipplinger thematisch ausgewählt hat. Kubins dystopische Visualisierungen, die den Symbolismus und die fantastische Kunst des 19. Jahrhunderts fortführen und als Wegbereiter des französischen Surrealismus gelten dürfen, setzen sich aus realer und imaginärer Wirklichkeit zusammen: eine Synthese, in der das Unheimliche der pessimistischen Weltkonstruktionen immer wieder mit Humor, Ironie und Übertreibung versehen ist.
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