Nachdem, was man heute in Medien gesehen hat, die einst für guten Journalismus bekannt waren, verschlägt es mir die Sprache. Und bringt mich dazu, Ihnen persönlich, aber auch anderen Menschen, denen es seelisch nicht gut geht, öffentlich zu schreiben.
Stellvertretend eine Entschuldigung an Sie Herr Grupp
Von Mensch zu Mensch möchte ich stellvertretend eine Entschuldigung aussprechen, für ein Titelblatt, das an Geschmacklosigkeit nicht mehr zu überbieten ist. Mir verschlug es heute die Sprache, den Atem. Die Stimme. Nein, ich nenne hier weder das Blatt noch den X-Post, denn diese und mehr Aufmerksamkeit verdient dieses Medium hier nicht.
Aufwecken ohne zu schreien
Lieber Herr Grupp, Sie haben so viel Mut bewiesen, so viel Stärke, so viel Menschlichkeit, indem Sie die Öffentlichkeit von Ihrem Suizidversuch informiert haben. Ja, man muss das Wort aussprechen, um zu begreifen, worum es geht. Man muss die Probleme auf den Tisch legen mit der Intention sie zu lösen, nicht um Geschrei auszulösen. Genau das haben Sie getan, der richtige Schritt um sich dem Leben wieder anzunähern.
Ja, es ist ein extrem sensibles Thema, in einer Zeit, in der viel zu häufig nur von „positiven Vibes“ gesprochen wird. Die Nähe zu Menschen bedeutet auch, sich den schweren Zeiten anderer Menschen zu widmen oder sich anderen zu öffnen. Wer mit Depressionen in einem Raum sitzt, hat irgendwann das Gefühl, die Tür zum Ausgang nicht mehr zu finden. Was bleibt, ist ein schmales enges Fenster. Es nagt das Gefühl, niemand wäre da. Umso wichtiger ist es, dass wir Nähe zeigen und leben. Das wir aussprechen, was uns bedrückt und einen Gegenüber haben, der uns zuhört. Wir hören Ihnen zu, Herr Grupp.
Liebe und Fürsorge kennt kein Alter
Es ist an der Zeit, dass Generationen wieder zusammen finden. Alte und Junge. Die Lücke, die in den letzten Jahren entstanden ist, kann wieder geschlossen werden. Umarmen, anschauen, fühlen, sich spüren und inne halten. Vielleicht tut es manchmal weh, doch wird der Schmerz geteilt, sind wir nicht allein und finden den Weg aus dem dunklen Raum wieder heraus. Wer das Erlebnis Leben in all seinen Facetten wahrnehmen will, muss das Ruder in die Hand nehmen und selbst steuern.
Unsere Gesellschaft ist im Kern schwer krank
Sie sind wieder aufgestanden Herr Grupp. Und wie Sie aufgestanden sind! Es bedarf einer üppigen Portion Mut, mit solch einer Meldung an die Öffentlichkeit zu gehen. Und ich möchte Ihnen an dieser Stelle dafür danken. Mit dem Spiegel in der Hand an die Gesellschaft gerichtet, haben Sie die Makulatur der dünnen Fassade unserer Tage gesäubert. Ihr tiefer Schmerz zeigt nicht etwa Schwäche, sondern die Fehlerhaftigkeit einer Gesellschaft.
Der Alltag in Deutschland ist schwierig geworden. Was oft wie eine Lawine wahrgenommen wird, und den Menschen durchschüttelt, kann genauso gut wieder abgestriffen werden, wie die Haut einer Schlange.
Körperlich und seelisch gesunden
Mentale Gesundheit ist die grosse Herausforderung der Gegenwart. Bei sich bleiben, das eigene Verhalten reflektieren und Gespräche mit Familie und / oder Freunden sind der Anfang eines immer währenden Prozesses. Am Ende des Tages sind die einfachsten Werkzeuge vielleicht die effektivsten: Hinfallen und wieder aufstehen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen lieber Herr Grupp und Ihrer Familie alles Gute für die Zukunft.
Herzliche Grüsse, Ihre
Daniela Shams
Dem Thema mentale Gesundheit widme ich mich schon länger und habe deshalb schon vor längerer Zeit die Rubrik „Auf dem Weg zu mir“ geschaffen. Hier können Sie zukünftig noch mehr erwarten.



